Der Gesetzesentwurf für das Tiroler Schischulgesetz liegt vor :

 

Der Gesetzesentwurf ist wie erwartet eine Enttäuschung. Entäuschend für jene Skischulleiter die auf eine Lösung vergleichbar mit dem Seefelder Modell gehofft haben. Weiterhin wird  Ihnen die Zusammenarbeit mit Staatlichen Skilehrern verwehrt. Die Beschäftigung eines Staatlichen Skilehrers im Angestelltenverhältnis ist sowohl für den Skischulleiter als auch den Staatlichen Skilehrer unrentabel. ( link zur Kalkulation : bitte hier klicken)

Entäuschend für unsere Gäste und Hotelerie da die Chance auf einen Staatlichen Skilehrer und somit auf qualitativ hochwertigen Unterricht weiter sinkt.

Entäuschend für unseren Berufnachwuchs da vorliegender Gesetzesentwurf keinerlei wirtschaftliche Perspektive schafft, die die österreichische Jugend motiviert diesen Beruf zu ergreifen und die Ausbildung mit dem Diplom zum Staatlichen Skilehrer oder Snowboardlehrer abzuschließen.

Er ist inländerdiskriminierend, da er einzelnen ausländischen Skilehrern gestattet (zumindest vorübergehend) legal  in Tirol selbstständig zu unterrichten ohne Erfordernis von Sammelplatz und Büro.

Er ist nicht EU konform da die Gästeaufnahme in Tirol untersagt wird ( Im direkten Widerspruch gegen die EU Richtlinie zur Umsetzung der Dienstleistungsfreiheit 2006/123/EG )

Der selbständige Unterricht durch staatliche Skilehrer wird zwar formal erlaubt, aber völlig unattraktiv gemacht.

Er ist verfassungswidrig, da für den selbständigen Unterricht durch qualifizierte Einzelpersonen Sammelplatz und Büro vorgeschrieben werden; Dies stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die unternehmerische Dispositionsfreiheit dar.

Es gibt keinerlei Bestreben die Qualität des Skiunterrichts gesetzlich zu heben – Die Teilnahmevoraussetzungen für den Tiroler Anwärter des Tiroler Verbandes sind denkbar niedrig ( link ) : Es bleibt bei folgender Anforderung an das Eigenkönnen des zukünftigen Skilehrers : Sicheren Befahrens rot markierter Pisten.

Übersetzt : wenn jemand 2-3 Wochen skigefahren ist, darf er Skilehrer werden und für eine „Qualitätsskischule“ arbeiten.


Hier die Eckpunkte des Begutachtungsentwurfes  :

 

1.) Der selbsständige Unterricht durch eine Einzelperson erfordert die gleichen fachlichen und sachlichen Vorraussetzungen wie eine Spartenskischule (Hier als Beispiel : Ski alpin)

 

a) Sammelplatz

b) Büro

c) Diplomskilehrer

d) Staatlicher Skiführer

e) Unternehmerprüfung

f)  Berufspraxis 25 Wochen als Diplomskilehrer

 

Die Landesregierung kann durch Verordnung oben genannte Prüfungen als Erfordernis streichen, oder andere Prüfungen bzw. Fortbildungen vorschreiben – Sammelplatz und Büro werden immer verlangt.

Das Erfordernis von Sammelplatz und Büro für einen Einmannbetrieb kann nur Unverständnis auslösen. Diese Regelung dient nur dazu den Erwerbsantritt zu erschweren, bzw. qualifizierte Personen davon abzuhalten, ihren erlernten Beruf selbstständig auszuüben. Für den seltenen Fall, daß  derartige Objekte in einem Skigebiet noch zu erwerben bzw zu pachten sind, machen die dadurch entstehenden Kosten die Ausübung der Konzession unattraktiv.

Die zu erwartende Wirkung dieser Bestimmung ist qualitätsmindernd. Es sei nochmals darauf verwiesen, daß der Inhaber einer Skischulbewilligung lt. TGKK als echter Selbstständiger auch Gesellschafter einer Skischule sein, und somit seine Soz.versicherungsbeiträge an die SVA abführen kann. Eine Einmannskischule ist eine Skischulbewilligung. In der Vergangenheit hat die Selbstständigkeit im Rahmen des Seefelder Modells zu Qualitätssteigerung durch einen höheren Anteil an staatlichen Skilehrern in Tirol geführt. Bundesländer wo dies nicht möglich war, haben einen deutlich niedrigeren Anteil an staatlichen Skilehrern.

Eine Regelung die das selbständige Unterrichten ohne Sammelplatz und Büro ermöglicht, führt zu einer dem Seefelder Modell vergleichbaren Situation. Es ist davon auszugehen, daß der überwiegende Teil der Einmannskischulen eine Zusammenarbeit mit bestehenden Skischulen aus wirtschaftlichen und sozialen Erwägungen begrüssen würde.

 

Eine Menschenansammlung von 50 bis 500 Gästen ist sehr wohl in der Lage eine Piste zu blockieren und kann dadurch eine Gefährdung für die Gesundheit unserer Gäste darstellen. Insofern besteht hier ein öffentliches Interesse, einer Skischule die 50-500 Personen in Gruppen einteilen muß, einen Sammelplatz vorzuschreiben.

Eine Einmannskischule macht keine Gruppeneinteilung da sie keine Gruppen hat. Erforderlich ist lediglich ein Treffpunkt, der möglichst flexibel sein sollte, um zu Saisonspitzenzeiten langes Warten für den Gast zu vermeiden. Daß eine Gruppenenteilung deutlich länger dauert als ein bloßes Treffen ist zusätzlich zu erwägen. Ein anspruchsvoller Privatgast wird es vorziehen in seinem Hotel abgeholt zu werden.

Die gesetzliche Höchstanzahl von 12 Personen ist im Regelfall nicht in der Lage eine Blockade einer Piste zu erwirken. Man kann von einem Staatlichen Skilehrer erwarten, daß er die körperliche Sicherheit einer Gruppe von 12 Personen auch ohne einen eigenen Sammelplatz gewährleisten kann, da er dieser Anforderung jeden Tag im Rahmen des Unterrichts gerecht werden muß. Dies hat der Gesetzgeber im Falle Salzburgs und Tirols schon für den Skibegleiter erkannt, der auch als Einzelperson auftritt und für den dieselbe gesetzliche Höchstanzahl von 12 Personen gilt.

Inwieweit es sinnvoll ist, daß eine Einmannskischule auch ein Büro anmieten muß sei dahingestellt, insbesonders da ein Büro nur Sinn macht wenn es auch geöffnet ist. Denklogisch kann der Skilehrer nur entweder auf der Piste sein oder im Büro.  Wirtschaftlich wäre es auf jeden Fall nicht vertretbar,  für nur einen Mann eine Bürokraft anzustellen. Inwieweit eine Vielzahl an Büros in einem Ort einem geordnetem Skilehrwesen entgegenkommen ist für uns nicht nachvollziehbar. Sowohl die Staatlichen Skilehrer als auch eine große Zahl der Skischulleiter bestehender Skischulen haben ein Interesse an einer Zusammenarbeit.

Eine Regelung die Sammelplatz und Büro für die Selbstständigkeit einer Einzelperson vorraussetzt steht diesem Wunsch entgegen und hat auch international keine Entsprechung. In Frankreich, Deutschland, Italien und der Schweiz ist selbstständiger Unterricht durch Staatliche Skilehrer (Euro Test Niveau) nicht an Sammelplatz und Büro gebunden.

 

2.) Der Skibegleiter soll abgeschafft werden

Jeder soll nun auf der Piste, auf Skirouten und Loipen Gäste führen und begleiten dürfen – also auch ohne Ausbildung.

Das ersatzlose Aufheben dieser Regelung ist unvereinbar mit dem öffentlichen Interesse an der körperlichen Sicherheit unserer Gäste.

Die Verantwortung bezüglich der Sicherheit der Gäste ist beim reinen Führen und Begleiten gleich groß wie auch beim Unterricht. Da alle die Erwerbsfreiheit einschränkenden Regelungen im Skilehrwesen (Höhe der Ausbildung…) direkt oder indirekt durch das öffentliche Interesse an der körperlichen Sicherheit der Gäste argumentiert werden, würde die Freigabe des Führens und Begleitens das Gesetz angreifbar machen.

Ein Eurotest z.B. wäre dann nicht mehr argumentierbar.

 

3.) Irreführende Definition von Skiunterricht:

Durch das Betonen der im Prinzip richtigen Feststellung, daß das schulmäßige Spurfahren dem Skiunterricht zuzuordnen ist, wird der Eindruck erweckt, daß das jedes Vorausfahren automatisch Unterricht darstellt.

Dies entspricht nicht den Tatsachen.

Ein Schreiben des Tiroler Verbandes betreff Skibegleiter hatte einen vergleichbar irreführenden Wortlaut. Dieses Schreiben hat zu Beginn dieser Saison den Eindruck erweckt der Skibegleiter dürfe seinen Gästen nicht vorausfahren.

Es gibt diesbezüglich ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.1988 (Geschäftszahl G118/87 Sammlungsnummer 11868) wo der Unterschied zwischen dem Vorausfahren mit methodischer Übertreibung und dem bloßen Vorausfahren genau definiert wird. So lautet dort 5.1.b  Satz 5 :

Entgegen der Ansicht des Tiroler Landtages ist jedoch das Führen oder Begleiten von Personen beim Schilaufen nicht in jedem Fall einer schitechnischen Unterweisung gleichzusetzen. … Hingegen kann das bloße Vorausfahren des Führers oder Begleiters(Skiguide) einer Schigruppe, ohne irgendwelche direkte oder indirekte schitechnischen Hinweise durch demonstrieren oder korrigieren nicht als Unterweisung angesehen werden. …

5.1.b  Satz 2 :

Bekanntlich hat der Oberste Gerichtshof in seinen zwei grundlegenden Entscheidungen zur Abgrenzung von Skiguiding zu anderen Wintersporteinrichtungen vom 1.10.1985, 4 Ob 347/84 und 4 Ob 327/85 ausgesprochen, daß das Skiguiding nicht so ausgelegt werden darf, daß dabei gegenüber der Tätigkeit der Schischule und der Schi- und Bergführer überhaupt kein Tätigkeitsbereich mehr verbleibt.

5.2. Satz 13-15 ( Ausführungen der Tiroler Landesregierung selbst)

Wenn der hier in Rede stehende Teilbereich der Tätigkeit des Skiguides  (Anm.: Führen oder Begleiten von Personen beim Schilaufen auf Schipisten, Schirouten oder Loipen) als Erteilung von Schiunterricht anzusehen wäre, hätte es ja dieser Nov. gar nicht bedurft. Diese beiden Tätigkeitsbereiche berühren aber in gleicher Weise jene öffentlichen Interessen, die eine gesetzliche Regelung hierüber erforderlich machen, nämlich die Sicherheit der Gäste und andere Fremdenverkehrsinteressen. Gerade die Sicherheit der Gäste erfordert es sicherzustellen, daß die hier in Rede stehenden Tätigkeiten nur durch entsprechend ausgebildete und verantwortliche Personen ausgeübt werden.

Anmerkung : Am 1. Juli 1986 hatte die Tiroler Landesregierung versucht das Skiguiding, welches selbständig außerhalb von Skischulen stattfand, durch folgende Regelung im § 2 Abs1 des Tiroler Schischulgesetzes zu verbieten. „Dem Unterweisen ist das Führen oder Begleiten von Personen beim Schilaufen auf Schipisten, Schirouten oder Loipen gleichgestellt.“ Dieser Satz wurde vom Verfassungsgerichtshof am 10.10.1988 aufgehoben und somit die Rechtmäßigkeit des Skibegleiters bestätigt.

 

4.) Im Ausflugsverkehr gilt die Beschränkung auf 14/28 Tage nicht mehr.

Falls der Ausflugsverkehr über die alte Beschränkung (max. 14 Tage am Stück/max. 28 Tage in der Saison) hinausgeht, wird im Einzelfall der vorübergehende Charakter des Aufenthalt geprüft. Dies erfolgt nach der jeweiligen Saison.  Die Gäste dürfen nicht in Tirol aufgenommen werden was im direkten Widerspruch zur EU Richtlinie zur Umsetzung der Dienstleistungsfreiheit 2006/123/EG steht. Das Bundesland Salzburg hat diesbezüglich eine Abmahnung der EU Komission erhalten und hat den betreffenden Passus aus dem Gesetz entfernt. Es ist davon auszugehen das auch Tirol ein solches Mahnschreiben erhalten hat. Die Richtlinie wäre bis zum 28.12.2009 umzusetzen gewesen.

 

5.) Für die Bewilligung einer herkömmlichen Skischule muß in Zukunft auch die Snowboardlehrerprüfung abgelegt werden.

Es stellt sich die Frage warum nur die Snowboardlehrerprüfung und nicht die Diplomsnowboardlehrerprüfung wie bei der Spartenskischule Snowboard ?

Es stellt sich die Frage warum dies nicht auch von den Inhabern jetziger Skischulbewilligungen verlangt wird ? Eine angemessene Übergangsfrist von 2-3 Jahren sollte genügend Zeit bieten, dies nachzuholen. Falls in dieser Frist die Qualifikation nicht erreicht wird, sollte die Skischulkonzession auf jene Sparten zurückgestuft werden, für die der Skischulleiter eine Qualifikation hat.

Immerhin hat der Leiter ja auch ein Weisungsrecht bezüglich des Snowboardunterrichts – Dementsprechend sollte er diesen Sport erstens beherrschen und zweitens auf höchstem Niveau unterrichten können.

Warum sollen hier von künftigen (Sparten-) Skischuleitern Qualifikationen verlangt werden, die  Skischulleiter bestehender Skischulen nicht erfüllen.

 

6.) Die Bewilligung der Spartenschischule Langlauf  erfordert :

a) Sammelplatz

b) Büro

c) Diplomlanglauflehrerprüfung

d) Unternehmerprüfung

e)  Berufspraxis 25 Wochen als  Diplomlanglauflehrerprüfung

Die Landesregierung kann durch Verordnung oben genannte Prüfungen als Erfordernis streichen, oder andere Prüfungen bzw. Fortbildungen vorschreiben – Sammelplatz und Büro werden immer verlangt.

 

7.)  Die Bewilligung der Spartenschischule Snowboard erfordert :

a) Sammelplatz

b) Büro

c) Diplomsnowboardlehrerprüfung

d) Schiführerprüfung

e) Unternehmerprüfung

f)  Berufspraxis 25 Wochen als  Diplomsnowboardlehrer

Die Landesregierung kann durch Verordnung oben genannte Prüfungen als Erfordernis streichen, oder andere Prüfungen bzw. Fortbildungen vorschreiben – Sammelplatz und Büro werden immer verlangt.

Der Gesetzesentwurf geht jetzt in Begutachtung. Im Juli soll die Novelle zum Tiroler Schischulgesetz im Tiroler Landtag behandelt werden. In Kraft treten soll das neue Gesetz mit 1. Oktober 2010.

 

Links zu den Gesetzestexten :

 

Aktuelle Fassung (RIS) des Tiroler Schischulgesetzes Externer Link

Begutachtungsentwurf (pdf 62 KB)

Erläuternde Bemerkungen (pdf 45 KB)

Link zum Urteil des Verfassungsgerichtshofes bez.Einmannskischule

Link zum Urteil des Verfassungsgerichtshofes bez. Skiguide (Skibegleiter)

 

Offizielle Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf vom 16. April 2010 an den Verfassungsdienst Tirol :

 

Downloadseite des Landes Tirol

Direkter Download :

Zusammenfassende Stellungnahme des Bundes (pdf 30 KB)

Wirtschaftskammer Tirol (pdf 326 KB)

Arbeiterkammer Tirol (pdf 217 KB)

Landwirtschaftskammer Tirol (pdf 180 KB)

Snowsport Tirol – Tiroler Skilehrerverband (pdf 29 KB)

Tiroler Bergsportführerverband (pdf 206 KB)

Österreichischer Skiverband (pdf 693 KB)

Verband der österreichischen Berg- und Skiführer (pdf 176 KB)

Tiroler Tourismusvereinigung (pdf 75 KB)

Bundessportakademie Innsbruck (pdf 69 KB)

Interessensgemeinschaft der Staatlichen Skilehrer Österreichs (IGSSÖ) (pdf 96 KB)

Tiroler Landessportrat (pdf 83 KB)

verschiedene Schilehrer, Schiführer und Berg- und Schiführer (pdf 1.7 MB)

 

Presse :

 

Link zum Beitrag der Landeszeitung ( mit LH Günther Platter im O-Ton )

Link zum Bericht der Tiroler Tageszeitung vom 20.04.2010

Link zum Bericht der Tiroler Tageszeitung vom 16.05.2010

Link zum Bericht der Tiroler Krone vom 16.05.2010

Link zum Bericht der Tiroler Tageszeitung vom 02.06.2010

 

Teile diesen Artikel mit deinen Freunden auf :

{loadposition my}