Warum Skischulgesetze die Ein-Mann-Skischulen verbieten, verfassungsrechtlich und europarechtlich angreifbar sind

 

Freie Erwerbsbetätigung ist ein verfassungsrechtliches Grundrecht ( Art.6 Staatsgrundgesetz), also höchstes primäres Recht. Die Dienstleistungsfreiheit ist eine der 4 EU – Grundfreiheiten, sie wurde zuletzt in der sogenannten Dienstleistungsrichtlinie genauer definiert. Die Landesgesetzgeber beschneiden diese Grundrechte sofern sie den selbständigen Unterricht durch Einzelpersonen an folgende Bedingungen knüpfen.

1.  Mindestgröße einer Skischule
2.  Sammelplatz und Büro
3.  Fachliche Qualifikation

Die Landesgesetzgeber sind jedoch nicht völlig frei bei der Gestaltung von Gesetzen, welche die freie Erwerbsbetätigung beschneiden. Sie haben verfassungsrechtliche und europarechtliche Schranken zu beachten.

Verfassungsrechtliche Schranken :

Nach der ständigen Judikatur zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.

Für das Skilehrwesen relevante öffentliches Interessen sind (vor dem VfGh) :

A ) Das öffentlich Interesse an der Sicherheit der Skiläufer
B ) Öffentliche Interessen des Fremdenverkehrs.
C ) Arbeitsmarktpolitische Interessen ( Nebenberufliche Beschäftigung für die in der Land -und Forstwirschaft tätige Bevölkerung hilft der Landflucht entgegenzuwirken)

Europarechtlich Schranken :

Laut Artikel 16 der Dienstleistungrichtlinie müssen Regelungen, welche die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit einschränken, durch ein öffentliches Interesse geboten und  verhältnismäßig sein. Darüberhinaus dürfen Regelungen nicht diskriminierend sein (Ausländer dürfen nicht benachteiligt werden, Inländerdiskriminierung kann EU rechtlich nicht beanstandet werden, verfassungsrechtlich sehrwohl);

 

Ad Mindestgrösse :

 

Im Urteil des VfGH vom 26.02.2010 (Geschäftszahl G275/09) wurde bestätigt, daß Skischulen auch als EPUs sowie als Spartenskischulen möglich sein müssen. Weder das touristische Interesse an einem qualitativ hochwertigen Schiunterricht noch das öffentliche Interesse an der Sicherheit der Skiläufer stehen dem entgegen.

 

Dem Verfassungsgerichtshof erscheint es auch nicht nachvollziehbar, dass ohne Verbot von EPUs und Spartenskischulen die Bereitstellung des Kernangebotes an Schiunterricht in den Saisonen bei ausreichender Schneelage durch die Schischulen insgesamt gefährdet wäre (vgl. VfSlg. 18.115/2007). Ein breit aufgefächerte Angebot muß lt. VfGH nicht durch jede einzelne Skischule im Ort abgedeckt werden, sondern kann auch durch die Gesamtheit der Dienstleistungserbringer im Ort erfolgen.

 

Zitat Urteil VfGH : „ Zu bedenken ist danach in diesem Zusammenhang, dass eine solche Regelung eine Spezialisierung hinsichtlich bestimmter Fertigkeiten oder Interessengruppen verhindert, die aus der Sicht der Attraktivität des Angebotes für Fremdenverkehrsgäste nicht niedriger zu bewerten sein dürfte als die Sicherstellung des gesamten Angebotes (sämtliche Arten des Alpinschilaufes bis hin zu Snowboardfahren) in einer einzigen Schischule (vgl. auch VfSlg. 11.652/1988). „

 

Es gibt nun 3 Urteile des österreichisch VfGHs die sich gegen die Vorschreibung einer Mindestgröße für Skischulen richten. Das letzte Urteil für das Land Tirol hat sich explizit auf einen Einmannbetrieb bezogen.

 

Ad Sammelplatz und Büro :

 

Offentliches Interesse der Sicherheit :

 

Eine Menschenansammlung von 50 bis 500 Gästen ist sehr wohl in der Lage eine Piste zu blockieren und kann dadurch eine Gefährdung für die Gesundheit unserer Gäste darstellen. Insofern besteht hier ein öffentliches Interesse, einer Skischule die 50-500 Personen in Gruppen einteilen muß, einen Sammelplatz vorzuschreiben.

Eine Einmannskischule macht keine Gruppeneinteilung da sie keine Gruppen hat. Erforderlich ist lediglich ein Treffpunkt, der möglichst flexibel sein sollte, um zu Saisonspitzenzeiten den Massen ausweichen zu können. Ein anspruchsvoller Privatgast wird es vorziehen in seinem Hotel abgeholt zu werden.

Die gesetzliche Höchstanzahl von 12 Personen ist im Regelfall nicht in der Lage eine Blockade einer Piste zu erwirken. Man kann von einem Staatlichen Skilehrer erwarten, daß er die körperliche Sicherheit einer Gruppe von 12 Personen auch ohne einen eigenen Sammelplatz gewährleisten kann, da er dieser Anforderung jeden Tag im Rahmen des Unterrichts gerecht werden muß.

Ein Skischulbüro hat keinerlei Einfluß auf die Sicherheit der Skiläufer. Inwieweit eine Vielzahl an Büros in einem Ort einem geordnetem Skilehrwesen entgegenkommen, ist nicht nachvollziehbar.

Dies hatten in der Vergangenheit die Landesgesetzgeber Tirols und Salzburgs schon für den Skibegleiter erkannt, der auch als Einzelperson auftritt und für den dieselbe gesetzliche Höchstanzahl von 12 Personen gilt. Das Gefahrenpotential beider Tätigkeiten ist ident. Bei der Einführung des Skibegleiters hatte sich das Land Tirol nicht auf die formale Umsetzung des Urteils des VfGH beschränkt sondern aus „sachlich-organisatorischer Hinsicht“ dem Einmannbetrieb keinen Sammelplatz und Büro vorgeschrieben.

Auch die jüngste Novelle des Tiroler Skischulgesetzes trägt diesen verfassungsrechtlichen Überlegungen Rechnung. Seit 1.10.2010 muß ein Tiroler Skischulleiter weder Sammelplatz noch Büro nachweisen sofern er den Unterricht ausschließlich selbst erteilt. Der Tiroler Landeshauptmann hat diese verfassungsrechtlichen Bedenken ausdrücklich in der Landtagsitzung vom 30. Juni 2010 angesprochen, welche zur angesprochenen Novelle führte.

 

Die Vorschreibung von Sammelplatz und Büro für ein Einpersonenunternehmen ist weder verfassungsrechtlich noch EU-rechtlich haltbar.

 

Ad fachliche Qualifikation :

 

Gut ausgebildete Skilehrer erteilen qualitativ hochwertigen Unterricht, und sind somit in der Lage die Sicherheit auf Pisten, Routen und im freien Skiraum zu erhöhen. Hier werden die öffentlichen Interessen des Tourismus sowie der Sicherheit der Skiläufer unmittelbar berührt, eine Mindestqualifikation ist verfassungsrechtlich als auch europarechtlich vertretbar.

Ebenso haben jene Bestimmungen, die einen Mindestanteil an staatlichen Skilehrern bzw. Landeslehrern im Lehrkörper fordern, einen unmittelbaren Einfluß auf die Qualität des Unterrichts und somit auf die Sicherheit der Skischüler sowie anderer Wintersportler.

 

Eine solche Regelung ließe sich auch auf ausländische Dienstleister im Rahmen der vorübergehenden Dienstleistungserbringung anwenden, ohne eine diskriminierende Wirkung zu entfalten bzw. der EU Dienstleistungrichtlinie zu widersprechen

Dies hätte die Auswirkung, daß einzelne ausländische Skilehrer ohne Skischulanschluß das Niveau des Staatlichen Skilehrers innehaben müßten, sofern sie eine vorübergehende Dienstleistung erbringen wollen (vgl. jüngste Novelle Salzburgs). Darüberhinaus würde für hiesige Skischulen gegenüber ausländischen Skischulen ein möglicher Wettbewerbsnachteil vermieden werden, da beide vergleichbare qualitative Anforderungen erfüllen müssten.

 

Um das Auseinanderdriften von bestehenden Skischulen und Einmannbetrieben zu vermeiden könnte man den Skischulen das ausdrückliche Recht der Vermittlung von Gästen einräumen.

 

Sofern eine Skischule an Einmannbetriebe vermittelt, ist gewährleistet, dass die Gäste von einem Höchtausgebildeten unterrichtet werden. Dies könnte der Skischule bei der Berechnung ihres Mindestanteils an Diplomskilehrern angerechnet werden. Wenn die Skischule eine festzusetzende Anzahl an Tagen an EPUs vermittelt, könnte sie somit ihren Schnitt an Diplomskilehrern heben.

Vorschlag „Ausflugsverkehr“  : download pdf